Die Orgel

Auf der Empore der Salvatorkirche befindet sich eine 3-manualige Orgel der Firma Romanus Seifert & Sohn, Kevelaer, bestehend aus Hauptwerk, Schwellwerk und Rückpositiv,  gebaut 1963, um ein Rückpositiv erweitert 1983, mit elektro-pneumatischer Traktur. Sie umfasst 42 Register, 1744 Pfeifen und einen Zimbelstern.


Geschichte und Bau


1912 - 1963 Die Vorgänger

 

Über das erste Instrument in der Stephanus-Kapelle ist nichts bekannt. Es muss allerdings ein Harmonium vorhanden gewesen sein, denn eine an Dr. Strehler, den Pfarrer von Herz Jesu Tempelhof, gerichtete Mitteilung vom 6. April 1920 besagt, dass ein Studienreferendar Hugo Böhle(?) die ihm angebotene Stelle als Organist in Lichtenrade nicht annehmen wird. Darin ist von einem Harmonium die Rede. 

 

 


Für die Salvatorkapelle im Apothekenhaus schaffte Pfarrer Heufers ein neues Harmonium der Firma Franz Ferdinand Seydel an. Von 1920 bis 1929 lässt sie sich in den Berliner Adressbüchern nachweisen. Ob sie Klaviere und Harmoniums nur vertrieb oder auch selbst baute, lässt sich nicht nachweisen. Das Instrument aus Eiche kostete 950 M (damit genau so viel wie der Ofen für die Kapelle), wie man einem Brief von Pfarrer Heufers an Pfarrer Grabe vom 28. Dezember 1924 entnehmen kann. Die Firma stellte  eine Garantie-Urkunde aus.

 

Nach dem Bau der Salvatorkirche zog das Harmonium 1933 aus der Salvatorkapelle im Apothekenhaus mit um in die Kirche. Im Jahr 1938 wurde ein neues Harmonium gekauft. Vom 10. 10. 1938 gibt es ein Foto.

Nach dem Krieg konnte 1948 eine Multiplex-Orgel von E. F. Walcker & Co., Ludwigsburg, angeschafft werden. Die im Jahr 1781 in Cannstadt gegründete Firma hatte ab 1940 „Kleinorgeln“ gebaut, die auf dem Multiplexsystem basierten. Es waren Kastenladen-Orgeln, bei denen man aus wenigen Pfeifen viele Register gewinnen konnte. Man konnte z. B. auf 4 Registern so viel spielen, als wären es 12. Die Orgel wurde oft mit freistehendem Spieltisch verkauft, so auch an Salvator, wo sie ihren Platz auf der Seitenempore fand. 220 Exemplare solcher Kleinorgeln wurden insgesamt von Walcker gebaut.

 

Im vollendeten Kirchbau gab es 1956 dann eine Orgelempore, auf die zunächst die Multiplexorgel zog. Den Spieltisch stellte man quer zum Instrument, wie ein Foto von 1959 zeigt.

1963 Einbau der Orgel

1960 begann man über den Bau einer Orgel für die Salvator-Kirche nachzudenken. Angebote verschiedener Firmen (Walcker, Stockmann, Seifert) wurden eingeholt. Ein Kostenvoranschlag der Firma Seifert & Sohn, Kevelaer, die 1960 das große Instrument in der St. Matthias-Kirche am Winterfeldplatz gebaut hatte, wurde schließlich dem Orgelsachverständigen des Bistums, Professor Joseph Ahrens, zugeleitet. Dieser nahm Mitte 1961 zu dem Vorschlag Stellung und schlug einige Änderungen vor. 

Im Oktober 1961 erhielt die Firma den Auftrag, die Orgel zu bauen: ein „zweimanualiges Orgelwerk mit 23 klingenden Registern, Schleifladen, elektrische(r) Traktur (und) Zimbelstern mit 6 Bronze-Glocken“, sowie einem transportabel eingerichteten Spieltisch, wie es später in der Rechnung heißen wird. Der Zimbelstern war erst im März 1962 nachbestellt worden. Die Suche nach einem Künstler für die farbliche Fassung des Gehäuses und die Vergoldungsarbeiten verlief zunächst erfolglos. Am 1. Juli 1963 konnte Pfarrer Lütkehaus, der sich sehr für den Orgelbau engagierte und mehrmals die Werkstätten besucht hatte, im Orgelsaal der Firma Seifert die fertige Orgel ansehen. 

Ab 10. September wurde die Orgel in Berlin montiert. Inzwischen war auch der Künstler für die Innenbehandlung und die Vergoldungsarbeiten gefunden: Es handelte sich um den Restaurator und Modellbauer Albert Fehrenbacher, der zu dieser Zeit auch die Altarschreine der Herz Jesu Kirche in Tempelhof restaurierte. Über 100 Stunden benötigte er für diese Arbeiten. Geweiht wurde das Instrument in einer Andacht am 6. Oktober 1963 um 18:00 Uhr unter Mitwirkung des Chores der Salvatorgemeinde und Etzel Gundlichs, der die Orgel spielte und anschließend auch erläuterte. Im Gutachten vom 12. Oktober 1963 lobte Professor Ahrens, der die Disposition entworfen hatte, das neue Instrument als sehr gelungen und schrieb u. a.: „Die günstige Akustik des aparten Raumes erhöht noch die Tragfähigkeit der einzelnen Register. Der Gesamtklang zeichnet sich durch Frische und strahlende Kraft aus.“ Die Orgel kostete 70.723,80 DM, von denen ein nicht unbedeutender Teil durch Spenden aufgebracht wurde.


Der Prospekt der Orgel wurde auf Wunsch von Pfarrer Lütkehaus von Anfang an so entworfen, dass die beiden Engelskulpturen, die bis zur Fertigstellung der Kirche rechts und links vom Taufbecken hingen, nun rechts und links der Orgel Platz fanden. Später wurde auch bis 1981 (?) der Tabernakel-Aufbau mit Strahlenkranz hinter dem Zimbelstern angebracht. 

Auch eine neuer Liedanzeiger wurde angeschafft.

1983 Erweiterung der Orgel

Im Februar 1979 hatte die damalige Kirchenmusikerin, Elisabeth Prietzel, bei der Orgelbaufirma um einen Kostenvoranschlag für eine Generalreinigung und die Reparatur von Manualklaviaturen und eines Registers gebeten. Allerdings musste man wegen der Renovierung der Kirche konkrete Termine mehrfach verschieben. Auch waren zur Renovierung kostspielige, nicht vorhergesehene, Reparaturen hinzugekommen, die das Vorhaben weiter verzögerten. Es konnten nur die normalen Wartungsarbeiten ausgeführt werden. Während der Wartezeit kam dann der Wunsch auf, die Orgel zu erweitern. 

Im September 1981 machte daher die Orgelbaufirma ein konkretes Angebot zur Erweiterung um einen Jalousieschweller und verschiedene neue Register. Im Dezember, nachdem die Renovierungsarbeiten endlich beendet waren, wurde die Orgel nochmals gestimmt. Die Erweiterung wollte man nun so verlegen, dass sie im Jahr der 50-Jahrfeier, 1983, vorgenommen werden konnte.

Eckhard von Garnier, der Orgelsachverständige des Bistums, bereitete zu dieser Zeit bereits eine neue Disposition vor. Er schlug vor, das Schwellwerk, das man auf die Seitenempore setzen wollte, so nicht weiter zu planen, sondern stattdessen ein Rückpositiv in die Balustrade und für das vorhandene Unterwerk den Jalousieschweller einzubauen. Auch für nötige Änderungen und Ergänzungen der Register, u. a. durch den Einbau eines Oboen-Registers, machte er in seinem Schreiben vom 2. Dezember 1981 konkrete Vorschläge. Sie wurden von der Firma Seifert modifiziert und im Januar 1982 erfolgte ein neuer Kostenvoranschlag. 

Nachdem der Kirchenvorstand am 21. März 1982 den Ein- und Umbau genehmigt hatte, erteilte das Ordinariat schließlich am 4. Mai des Jahres die kirchenaufsichtliche Genehmigung der Arbeiten. Auch der Spieltisch musste erneuert werden. Im Juli 1983 besuchte Pfarrer Kloss die Werkstatt und Ende August wurden die für den Einbau des Rückpositivs erforderlichen Änderungen an der Brüstung vorgenommen. Am 12. September 1983 wurden die Teile angeliefert und die Orgelbauer begannen mit dem Einbau. Am 5. November 1983 war er beendet. Auch der neue Spieltisch stand. Noch am Abend dieses Tages schrieb Pfarrer Kloss einen Dankesbrief und drückte darin die große Freude über das erneuerte Instrument aus.

In einem Festhochamt am 20. November 1983 wurde die Orgelweihe vorgenommen. Der Chor von Salvator unter der Leitung von Elisabeth Prietzel sang, Eckhard von Garnier spielte die Orgel und erklärte sie.  

Die Erweiterung hatte 216.147,57 DM gekostet. Die Finanzierung von Umbau und Ergänzung der Orgel, die damals auf einen (Neubau-)Wert von 450.000 DM geschätzt wurde, war durch eine großzügige, zweckgebundene Schenkung möglich gewesen. Auch der Verkauf beim Umbau übriggebliebener Pfeifen und weitere Spenden leisteten einen Beitrag.



1996 Generalsanierung

 

Die erste Generalsanierung der erweiterten Orgel fand 1996 statt. Ein vorheriger Termin 1989 konnte aus finanziellen Gründen nicht wahrgenommen werden. 1998 erfolgte die Neubelederung der Register. Alle Arbeiten, auch die regelmäßigen Wartungen, wurden von der Erbauerfirma durchgeführt. Alle 1744 Pfeifen wurden ausgebaut, auf der Seitenempore gereinigt und wenn nötig, repariert, wieder eingesetzt und abschließend neu intoniert.

2018 Generalsanierung

 

Obgleich eine Generalsanierung der Orgel eigentlich nach 15 – 20 Jahren hätte erfolgen sollen, dauerte es bis zur zweiten Generalsanierung 22 Jahre. 2018 übernahm die Firma Alexander Schuke, Potsdam – Orgelbau GmbH, die seit 2015 mit der Wartung der Orgel betraut ist, diese Arbeiten. Wieder wurden alle Pfeifen ausgebaut, gesäubert, auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft, teilweise repariert und dann wieder eingesetzt. Vom 11. Januar an musste daher die Orgel schweigen. Erst zu Ostern wurde sie dann zum ersten Mal wieder im Gottesdienst gespielt.

Zur wenigstens teilweisen Refinanzierung der kostenintensiven Maßnahme hatte unsere Kirchenmusikerin, Sonja Schek, eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Spender konnten sich eine oder mehrere Pfeifen, für die sie die Patenschaft übernehmen wollten, aussuchen. Auf einer Schautafel in der Kirche konnte man laufend verfolgen, wie viele Orgelpfeifen bereits einen Paten gefunden hatten. Zum Abschluss der Aktion waren es 844 der 1744 Pfeifen und die Glocken des Zymbelsterns. Insgesamt 10.000 € kamen zusammen. Dabei hatten sich die Spender teilweise originelle Zusammenstellungen für ihre Patenschaften einfallen lassen: Geburtsdaten, Namen, Liedanfänge. Auch einzelne Gemeindegruppen beteiligten sich, etwa die Laola-Gruppe der Gemeinde, die gerade zur Fußballweltmeisterschaft in diesem Jahr zusammengekommen war. Die Sternschnuppen Salvator übernahmen gemeinsam die Patenschaft für alle Glocken des Zymbelsterns.


Eine Cäcilien-Figur des Holzschnitzers Toni Baur aus Oberammergau, die der Salvatorkirche 2017 gespendet worden war, fand nach dem Ende der Arbeiten ihren endgültigen Platz auf dem Rückpositiv der Orgel.

Disposition

1963 

Disposition: Professor Joseph Ahrens 

I. M a n u a l (Hauptwerk) C - g’’’II. M a n u a l  C - g’ P e d a l  C - g’ 
1. Principal  8’ 10. Holzgedeckt  8’ 20. Subbaß 16’
2. Rohrflöte  8’11. Weidenpfeife  8’21. Offenbaß  8’
3. Octave  4’ 12. Singprincipal  4’ 22. Choralbaß  4’ 
4. Blockflöte  4’13. Rohrpfeife  4’ 23. Pommer  4’ 
5. Nasat   2 2/3’ 14. Schwegel  2’ 24. Rauschpfeife  2 2/3’ 4fach 
6. Flachflöte  2’ 15. Spitzquinte  1 1/3’ 25. Fagottbaß  16’
7. Mixtur  1 1/3’ 4-6fach 16. Sesquialter  2fach 
8. Trompete  8’ 17. Scharfcymbel   2/3’ 4fach
9. Cymbelstern18. Dulcian  16’
19. Tremulant

 Normalkoppeln, Schleifladen, 1690 Pfeifen

 

1983  

Disposition: Eckhard von Garnier 

P e d a l  C - g’

S c h w e l l w e r k  (II. Manual)  C - g’’’

1. Subbaß  16’

21. Holzgedeckt  8’

2. Principalbaß  8’

22. Salicional  8’

3. Pommer  8’

23. Harfenprincipal  4’

4. Tenoroctave  4’

24. Rohrpfeife  4’

5. Hintersatz  4fach  2 2/3’

25. Schwegel  2’

6. Posaune  16’

26. Spitzquinte  1 1/3’

7. Koppel   I an P

27. Sesquialter  2fach

8. Koppel  II an P

28. Scharfmixtur  4fach 1 1/3’

9. Koppel III an P

29. Dulcian  16’

30. Hautbois  8’

31. Tremulant

32. Koppel III an II

H a u p t w e r k  (I. Manual)  C - g’’’

R ü c k p o s i t i v  (III. Manual)  C - g’’’

10. Principal  8’

33. Gedackt  8’

11. Rohrflöte  8’

34. Hohlflöte  4’

12. Octave  4’

35. Nasat   2 2/3’

13. Spitzflöte  4’

36. Octave  2’

14. Gemshorn  2’

37. Terz  1 3/5’

15. Mixtur  5fach  2’

38. Obertöne  2fach

16. Trompete  8’

39. Cymbel  4fach  2/3’

17. Klarine   4’

40. Vox Humana  8’

18. Tremulant

41. Tremulant

19. Koppel  II an I

42. Cymbelstern

20. Koppel III an I

Schleifladen, 1744 Pfeifen 

Spieltisch in Eiche massiv, freistehend, mit zwei freien Kombinationen, einer besonderen freien Kombination Pedal, Klein- und Großplenum und Einzelabstellern. Die Registraturen sind mit korrespondierenden Druckknöpfen und Puffertritten einschaltbar.           


Organisten und Kirchenmusiker seit 1934 

1934 - 1937/38

1937 – 1959

Gertrud Gast

Dr. Anton Goehr

1945 – 1974, 1959/61

Sr. Rosaria Maria (Gertrud Wiegel), SMMP

1959 – Februar 1960

Maria Habich

1960 -  März 1961

Johannes Pranschke

1961, März – 1971

Etzel Gundlich

1971 – 1990/91

Elisabeth Prietzel

seit 1990/91

Sonja Schek 

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