Hineingeschaut

Hineingeschaut – Die Baupläne

Grundriss des Erdgeschosses Salvatorkirche und Kinderkrankenhaus, vermutlich Bernhard Hertel ca. 1920 - Archiv Salvator-Lichtenrade
Entwurf des Kinderkrankenhauses und der Salvatorkirche, Bernhard Hertel 1920 - Archiv Salvator-Lichtenrade
Lageplan, Ausschnitt, Josef Bischof Dezember 1932 - Archiv Salvator-Lichtenrade

„Zum Geburtstag, Salvator, zum Geburtstag viel Glück!“ stimmten beim Gottesdienst zu Fronleichnam am vorletzten Sonntag unsere Sternschnuppen beim Einzug der Zelebranten in die fast bis auf den letzten Stehplatz gefüllte Kirche an. Diese unerwartete Begrüßung hatte einen einfachen Grund: Die Gemeinde wollte das alljährliche Gemeindefest nach der Prozession nutzen, um das Jubiläum der Salvatorkirche zu feiern. Vor 90 Jahren, am 5. Februar 1933, waren Kirche und Kinderkrankenhaus benediziert worden. Baumeister waren der Kölner Dombaumeister Bernhard Hertel (1862 – 1927) und nach seinem Tod der Architekt Josef Bischof (1885 – 1973).

Doch wer hat nun was gebaut? Stammen die Pläne für die Kirche mit ihrem barocken Glockenturm, die Heinrich Kosina (1899 – 1977) dann 1956 endgültig fertigstellte, von Bernhard Hertel oder hatte doch Josef Bischof sie im Wesentlichen entworfen und gebaut, weil zu Hertels Lebzeiten nur ein Teilbau des Krankenhauses erbaut wurde? Und das Apothekenhaus, das ab 1924 die Salvatorkapelle beherbergte: warum nannte Msgr. Grabe es am 16. Juli 1924 in einem Brief an Pfarrer Heufers in Herz Jesu Tempelhof „eine kleine Ecke“ des Krankenhauses – es ist doch ein freistehendes Gebäude?

In der Literatur herrschen darüber unterschiedliche Ansichten: Msgr. Grabe selbst hatte im Katholischen Kirchenblatt für das Bistum Berlin am 5. Februar 1933 Josef Bischof nur als Architekten des Kinderkrankenhauses bezeichnet, Hertel dagegen als Planer von Kirche und Pfarrhaus. Das löste noch 1997 bei Harold Hammer-Schenk, Autor des Beitrages „Kirchen zwischen 1919 und 1933“ in Berlin und seine Bauten Teil VI Sakralbauten Befremden aus, denn er weist darauf hin (S. 191), dass Josef Bischof selbst sich seinerseits 1933 in den Monatsheften für Baukunst und Städtebau durchaus als Architekt mit der künstlerischen Verantwortung für zumindest das Äußere der Kirche bezeichnet hatte. Mangel an Belegen führte bis heute zu der Ansicht, eigentlich sei Bischof der Architekt, Hertel hätte nur erste Ideen entwickelt.

In unserem Archiv gibt es einen Entwurf für das „Säuglingsheim in Lichtenrade“ (Foto 2), datiert im September 1920, ausgefertigt im Büro des Kölner Dombaumeisters: Ursprünglich sollte die Kirche eine Kapelle für das Kinderkrankenhaus werden, daher der Titel des Entwurfs. Auf ihm ist die Salvatorkirche bereits mit dem barocken Turmhelm zu sehen und mit fast der Form, wie wir sie heute kennen. Dieser Entwurf ist bekannt und in einem Teilband unserer (internen) Chronik, die um 2000 von Ursula Pilar retrospektiv erstellt wurde, erwähnt. Nun fielen mir vor kurzem zwei weitere Pläne in die Hände, die bislang unbeachtet geblieben sind, aber, denke ich, doch zur Aufklärung beitragen können.

Der eine davon, ein „Grundriss des Erdgeschosses“ (Foto 1) trägt weder Namen noch Datum. Auf ihm ist zu sehen, dass das Krankenhaus außer dem Hauptflügel mit dem Eingang (Briesingstr.) einen rechten und einen linken Flügel haben sollte. Der rechte Flügel sollte nicht nur mit einem Verbindungstrakt über dem Hofeingang mit der Kirche auf Höhe des Chores verbunden sein, sondern auch durch ein Verbindungsgebäude mit dem Pfarrhaus. Vom Seitenschiff der Kirche wiederum sollte ein Gang ebenfalls direkt zum Pfarrhaus führen. Diese beiden Gänge sollten sich in einem Treppenhausbereich ungefähr auf Höhe des späteren Pfarrsaales treffen. Es muss sich um einen sehr frühen Grundriss handeln, denn einige Gebäudeteile wurden nicht errichtet. Vom rechten Seitenflügel des Krankenhauses blieb nur das sog. Apothekenhaus übrig. Ob der Grundriss tatsächlich von Hertel stammt, ist nicht eindeutig. Dafür spricht m. E. die oben erwähnte Bezeichnung der Notkapelle als „kleine Ecke“ und ein weiterer Bauplan von Josef Bischof (Foto 3), bezeichnet als „Lageplan des Grundstückes“ und erstellt für den Umbau der Salvatorkapelle nach Fertigstellung der Kirche 1932. Darauf ist die bereits bebaute Fläche angegeben, zwei Joche der Kirche nebst Eingangsbereich und Übergang zum Pfarrhaus sind als (noch) nicht errichtet gekennzeichnet. Der linke Flügel des Kinderkrankenhauses entspricht in der Form dem ursprünglich projektierten rechten Flügel, das Apothekenhaus steht als separates Gebäude im Hof zwischen Krankenhaus und Kirche bzw. Pfarrhaus. Danach hatte sich Bischof also für Kirche und Pfarrhaus weitgehend an den alten Plan gehalten, beim Kinderkrankenhaus jedoch andere Akzente gesetzt. Somit wäre die Zuordnung des Kirchbaus zu Bernhard Hertel durch Msgr. Grabe korrekt, obgleich Hertel den Bau selbst nicht mehr leiten konnte.

Die so enge Verbindung der Kirche mit dem Kinderkrankenhaus verdeutlicht, was von Anfang an die beiden Hauptanliegen des Gründers und der Gemeinde waren (- und sind?! - ): Soziales Engagement am Ort, Barmherzigkeit, Einsatz für Kranke, Arme und Kinder und der Wille, vom Glauben, der einen für diese Aufgaben trägt, durch ein repräsentatives, künstlerisch ausgestaltetes Gotteshaus, in dem lebendige Gottesdienste gefeiert werden können, Zeugnis zu geben.

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin