Hineingeschaut – Bernhard Hertel
Gestern vor 160 Jahren, am 14. Februar 1862, wurde Bernhard Hertel in Kevelaer als Sohn des Münsteraner Diözesanbaumeisters Hilger Hertel d. Ä. (1831 – 1890) geboren, für mich ein Anlass, den Spuren dieses Architekten einmal nachzugehen, hatte er doch enge Verbindungen zu Lichtenrade.
Sein Vater war von 1858 – 63 Bauleiter bei Vincenz Statz (1819 – 1898), der die Marienbasilika in Kevelaer erbaute. Die Familie kehrte kurz nach der Geburt von Bernhard nach Münster zurück, wo er und sein älterer Bruder Hilger d. J. (1860 – 1918) aufwuchsen. Nach dem Abitur am Paulinum und dem Militärdienst in Düsseldorf, erlernte er den Beruf des Steinmetzes und Maurers, studierte aber gleichzeitig Kunstgeschichte an der Königlichen Akademie in Münster. Ab Herbst 1882 studierte er dann an den Technischen Hochschulen in München und Berlin-Charlottenburg. Nach der 1. Staatsprüfung 1886 in Münster absolvierte er seine weitere Ausbildung u. a. in Berlin. Sein 2. Staatsexamen 1890 legte er mit so gutem Erfolg ab, dass er einen Staatspreis für eine Studienreise erhielt. Im Familienbesitz befindliche Skizzenbücher belegen seine reiche Reisetätigkeit, u. a. nach Belgien oder nach England. Gleich nach dem Staatsexamen hätte er nach Berlin ins Ministerium übernommen werden können, verzichtete jedoch und führte bis 1899 mit seinem Bruder Hilger das Architekturbüro des Vaters nach dessen Tod weiter. 1899 trat er dann doch in den Staatsdienst ein und baute zunächst in (Duisburg-)Ruhrort, dann in Berlin (Amtsgericht Wedding). Er war eine Zeitlang Assistent des Architekten Christoph Hehl (1847 – 1911, baute in Berlin u. a. Rosenkranzbasilika, Herz-Jesu Zehlendorf, Mater Dolorosa) und habilitierte sich 1902 für mittelalterliche Baukunst. Er wohnte in dieser Berliner Zeit in der Nähe der St. Matthiaskirche in der Luitpoldstraße 34. Geheiratet hatte er 1891. Das Ehepaar hatte zwischen 1891 und 1908 zwölf Kinder, von denen neun das Erwachsenenalter erreichten. Sein in Berlin geborener Sohn Guido (1903 – 1963) war übrigens von 1957 – 1963 Präsident des Bundesrechnungshofes. Allerdings bot man Bernhard Hertel schon 1902 den Posten des Kölner Dombaumeisters an, den er nach anfänglichem Zögern – er wäre gern an der Universität geblieben – 1903 annahm. Im Juni 1903 zog die Familie um. Besondere Verdienste erwarb er sich als Dombaumeister mit seinem Einsatz für die Restaurierung der Bausubstanz und die Neuorganisation der Dombauhütte.
Neben dieser Arbeit hatte er sich jedoch immer Freiraum für eigene Arbeiten ausbedungen. So baute er dann 1911 St. Elisabeth in Schöneberg. Ob seine Bekanntschaft mit Pfarrer Grabe aus dieser Zeit herrührte oder aber bereits aus seiner Jugend- und Studentenzeit in Münster – beide waren nur vier Jahre im Alter auseinander und dort aufgewachsen, Grabe 1889 dort zum Priester geweiht worden – habe ich bislang nicht herausfinden können, halte es aber für wahrscheinlich. Den Bau in St. Elisabeth begleitete er auch nach der Fertigstellung weiter und schuf dann Entwürfe für das geplante Kinderheim/Krankenhaus in Lichtenrade und wohl auch für unsere Kirche, denn Pfarrer Grabe schrieb am 5. 2. 1933 im Kirchenblatt:
„Für Kirche und Pfarrhaus lagen schon Pläne vor von dem verstorbenen Dombaumeister von Köln, Geheimer Oberbaurat Hertel, an denen im wesentlichen festgehalten wurde.“
Die Salvator-Kapelle im nachmaligen Apothekenhaus des Kinderkrankenhauses errichtete Hertel in sehr kurzer Bauzeit von Mitte des Jahres 1924 bis zum Dezember. Im Archiv vorhandene Briefe an den zu dieser Zeit in den Vereinigten Staaten weilenden Theodor Grabe schildern u. a. die Schwierigkeiten, die er wegen der Umwidmung der Räume mit der Baupolizei hatte. Auch aus den Jahren danach bis zu seinem Tod findet man immer wieder Berichte über den Fortgang der Arbeiten. Aber oft ist nicht nur von den Problemen zu lesen, sondern gibt es auch Passagen wie diese:
„Sehr geehrter Herr Pastor!
Gestern Abend bin ich von Lichtenrade zurückgekommen. In und an der Notkapelle war alles in bester Ordnung.“
die Hertel im September 1926 aus Köln an Pfarrer Grabe richtete.
Gelegentlich kommen auch private Dinge zur Sprache, etwa wenn ihn im Januar 1925 eine plötzliche schwere Erkrankung seiner Frau am Reisen hinderte – das Foto zeigt ihn mit ihr 1925 in Badenweiler – oder wenn er sich in einem Brief vom Juli 1926 für ein Namenstagsgeschenk bedankte und andeutete, dass seine finanzielle Lage nicht sehr gut sei und er das (Geld-)Geschenk daher gern für die Aussteuer seiner Tochter Anneliesel entgegen nähme.
Bernhard Hertel starb im Alter von 65 Jahren - seine Stelle als Dombaumeister war gerade verlängert worden - in Köln an einem Lungenleiden am 21. Dezember 1927.
Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,
Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin