Hineingeschaut – Der Ambo

Einen Ambo gibt es erst seit 30 Jahren in unserer Kirche. Die älteren unter uns erinnern sich noch, dass in den Jahren davor nur ein einfaches Lesepult an seiner Stelle stand. War das, was 1991 neu angeschafft wurde, eine „Neuerfindung“?

Ein Blick in das Lexikon für Theologie und Kirche gibt Aufschluss: Der Ambo lässt sich bereits im 4. Jahrhundert besonders in griechischen Kirchen und im byzantinischen Raum nachweisen. Er war eine erhöhte Tribüne, meist mit einer reich verzierten Brüstung und oft einem Lesepult, von dem aus die Lesungen und das Evangelium verkündet wurden. Sein Name soll sich vom griechischen Wort für „hinaufsteigen“ herleiten. Der Platz für den Ambo lag vor dem Altar, z. B. an den Cancelli, und verband die teilnehmende Gemeinde wie über eine Brücke mit dem Geschehen am Altar.

Damit die Zuhörer den Lektor gut verstehen konnten, wurden Ambonen oft auch in die Mitte des Kirchenraumes verlegt, mit einem Steg zum Altarraum verbunden. Obgleich sie in erster Linie der Verkündigung des Wortes Gottes dienten, begaben sich bald die Priester auch für die Predigt zum Ambo.

In der lateinischen Kirche war der Ambo weniger verbreitet. Doch die Kanzel, wie wir sie kennen, kam erst am Anfang des 13. Jahrhunderts auf. Die Predigt war zu dieser Zeit nicht wie früher an den Gottesdienst gebunden und legte nicht unbedingt den vorgetragenen Text der Lesungen oder des Evangeliums aus. Diesem Wandel im Predigtverständnis trugen die Beschlüsse des Konzils von Trient (1545 – 1563) Rechnung und verlegten die Predigten auf die Kanzeln und die Verlesung der biblischen Texte an den Altar. Der Ambo verlor seine Bedeutung.

Erst das II. Vatikanum (1962 – 1965) mit seiner Liturgiereform änderte das wieder. Der Wortgottesdienst wurde aufgewertet und der Ambo kehrte in den Gottesdienstraum zurück. Die Predigt diente nun wieder der Auslegung der Texte von Lesung und Evangelium und analog zum Altar als „Tisch des Mahles“ wurde der Ambo zum „Tisch des Wortes des Herrn“ und rückte in unmittelbare Nähe des Altars. Baulich wurde diese Aufwertung des Ortes der Lesungen in den Kirchen nach und nach durch den Einbau künstlerisch gestalteter Ambonen nachvollzogen.

 

In Salvator beschloss der Kirchenvorstand 1991 die Anschaffung eines Ambos und den Abbau des nicht mehr benötigten Kommuniongitters, das nach dem Verlust seiner Funktion Altarraum und Gemeinde zu sehr voneinander trennte.

Der aus dem Allgäu stammende Bildhauer Hans Wachter (4. April 1931 – 12. November 2005) wurde beauftragt, einen Entwurf dafür vorzulegen. Wachter hatte eine vierjährige Holz- und Steinbildhauerlehre in Kempten absolviert, arbeitete danach einige Zeit in einem Schweizer Steinmetzbetrieb und studierte ab 1954 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Josef Henselmann. Nach dem Diplom ging er nach Kempten, wo er sein Atelier baute. Bald wurde er mit der Innenausstattung von Kirchen betraut. Er lieferte Arbeiten u. a. für Kempten, Ottobeuren, Memmingen, Benediktbeuren, die Dormitio-Abtei in Jerusalem, Belmont in Kalifornien, St. Albert in Frankfurt am Main. In Berlin waren es 14 Kirchen, darunter die St. Hedwigs-Kathedrale und die gesamte Innenausstattung und der Brunnen der Kirche zu den heiligen Martyrern von Afrika, mit deren Pfarrer Klaus Glowienke er befreundet war.

Wachter schlug vor, den Ambo mit einem Podest aus Jura-Kalkstein zu bauen und am Fuß mit den Symbolen der Evangelisten, an der Säule des bronzenen Pultes mit einem Medaillon des auferstandenen Christus zu zieren. Der Kirchenvorstand stimmte dem Vorschlag am 11. April 1991 einstimmig zu. So finden wir also heute Löwe (Matthäus), Stier (Lukas), Mensch (Markus), und Adler (Johannes).

Die Wahl des Materials könnte man dabei als Anlehnung an Ez 1,7 („sie glänzten wie blinkende Bronze“) verstehen. Die Anordnung der Symbole folgt – wohl, weil die Säule nach vorn mit dem Christus Medaillon versehen ist – nicht mehr der alttestamentlichen Bibelstelle mit ihren genauen Richtungsangaben, sondern Apokalypse 4,7 („Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler“), wo die Angaben rechts/links fehlen.

Unsere Kommunionkinder lernen dieses Kunstwerk bei ihrer Kirchenerkundung kennen. Ein genaueres Hinsehen lohnt sich aber auch für alle anderen Gemeindemitglieder, finde ich.

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“.
Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin