Hineingeschaut – Die Kommunionbank

Sein sehnlichster Wunsch war immer die Kommunionbank – dann erst der Seitenaltar – Beichtstuhl u. Kanzel.“ schrieb der Münchener Architekt Fritz Fuchsenberger, der die Innenausstattung unserer Salvatorkirche organisierte, in einem Brief vom 21. Oktober 1935, wenige Wochen nach dem Tode Msgr. Grabes (27.9.1935) an Kuratus Lütkehaus. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits die Werkzeichnung für die Kommunionbank und ein Angebot zur Anfertigung derselben vor.

Kommunionbänke gehen auf mittelalterliche Altarschranken, sog. cancelli, zurück. Sie sollten ursprünglich den Altarraum vom Raum für die Laien abgrenzen, war es doch Laien lange Zeit untersagt, den Altarraum zu betreten. Die in der Regel zwischen 80cm und höchstens 120cm hohen Gitter dienten aber auch als Begrenzung, an der zunächst stehend, später kniend, die Kommunion empfangen wurde. Deshalb erhielten sie als oberen Abschluss ein breiteres Brett quasi als „Tisch“. Früheste Kommunionbänke waren aus Holz oder Stein, im 15. Jahrhundert setzte sich auch Metall durch. Besonders im Barock – ohnehin eine Hoch-Zeit der Kunstschmiedearbeiten – kam es dann zu einer Blütezeit schmiedeeiserner Altarschranken. Die Gitter, die meist eine Mitteltür hatten, wurden mit einem Kommuniontuch versehen. Schon im 13. Jahrhundert sind solche Tücher nachgewiesen. Damals wurden sie noch von zwei Helfern gehalten, später befestigte man sie einfach am Gitter und breitete sie vor dem Kommunionempfang über die Deckplatte.

Kommuniongitter wurden auf einer Stufe angebracht und mussten fest genug verankert sein, damit sie nicht ins Wanken geraten konnten. Der Platz dahinter sollte zudem – so forderte es Robert B. Witte 1939 in seinem Handbuch „Das katholische Gotteshaus. – Sein  Bau, seine Ausstattung, seine Pflege“, das die Erfahrungen der 30er Jahre bündelte – mindestens einen Meter betragen, damit der Geistliche genügend Platz für die Spendung der Kommunion hätte.

In Lichtenrade wollte man dies alles beachten und vor allem das hölzerne erste Kommuniongitter durch ein metallenes ersetzen. Fuchsenberger hatte für die Anfertigung einen damals bekannten Münchener Kunstschmied, Sixtus Schmid (1864-1946), ausgesucht, dem er seine Vorstellung in einer Werkzeichnung mitteilte. Schmid verstand sein Handwerk meisterhaft. Seit seinen jungen Jahren hatte er großes Interesse auch an den Werken der Kunstschmiede früherer Epochen. So sah er sich z. B. bereits während seiner Walz Grabkreuze in Süddeutschland, Tirol und der Schweiz an, notierte sie sich und baute später, als er zu einem gewissen Reichtum gelangt war, eine über 1800 Stück umfassende Sammlung auf. Teile davon befinden sich heute im Museum Bergmeister, einem Grabkreuzmuseum in Ebersberg. Schmid war durch seine umfassenden Kenntnisse mit seiner Kunst- und Bauschlosserei in der Fürstenrieder Str. 13 zum Partner zahlreicher Architekten geworden und konnte so leicht einen Auftrag, der auf ein „barockes“ Kommuniongitter hinauslief, erfüllen. Er fertigte das Gitter, bereitete den Versatzplan vor und gab auch noch Anweisungen zur Anbringung des Kommuniontuches. Der entsprechende Vertrag wurde Anfang November 1935 geschlossen. Bereits einen Monat später forderte er einen genauen Abriss der Steinstufe an, auf der das Gitter stehen sollte, damit es dort wirklich 40 cm von der Steinkante entfernt eingepasst werden könnte.

Wiederum einen Monat später, Ende Januar 1936, konnte er Kuratus Lütkehaus bereits ein Foto eines Türflügels zuschicken – in barocker Manier mit Akanthus verziert – und die Fertigstellung des Gitters avisieren. Tatsächlich sandte Schmid – Kuratus Lütkehaus wollte das Gitter gern zur verspäteten Feier des Kirchweihjubiläums am 16. Februar 1936 aufbauen – am 6. Februar 1936 das fertige Gitter als Frachtpost nach Bahnhof Berlin-Marienfelde ab.

Fuchsenberger nannte es in einem Brief vom 25. Februar 1936 „ein Meisterwerk u. der Ausklang eines aussterbenden Kunstgewerbes“, da zu damaliger Zeit Aufträge für solche Werke fehlten.

Der Provinzialkonservator teilte am 1. Dezember 1943 dem Bischöflichen Ordinariat mit, dass zu den schützenswerten Gegenständen in Salvator „1 als Chorabschluß dienendes schmiedeeisernes, in Zeichnung wie in handwerklicher Ausführung wertvolles Gitter neueren Datums“ gehörte (BO, J-Nr 5054, Brief Generalvikar Prange vom 15. 12. 1943 an das Pfarramt Salvator; Archiv KKG Salvator-Lichtenrade).

Als durch das II. Vaticanum sich die Art des Kommunionempfangs von kniend wieder zu stehend wandelte, wurden Kommuniongitter ihrer Funktion beraubt. 1989 baute man es daher ab. Erst 1995/96 wurden Teile davon umgearbeitet und finden heute als Gabentisch und als Gitter beim Taufbecken wieder Verwendung.

 

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“, ab jetzt immer am dritten Dienstag des Monats!

 

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin