Hineingeschaut – Rosenkranzfenster

Am 7. Oktober, morgen, wird das Rosenkranzfest gefeiert. Es wurde im 16. Jahrhundert eingeführt und ist einer der Höhepunkte des von Papst Leo XIII. (1878-1903) etablierten „Rosenkranzmonats“ Oktober. Das Rosenkranzgebet ist eine sehr alte Form, die sich zunächst über die Klöster ausbreitete, ab dem 15. Jahrhundert dann volkstümlich wurde.

Bald begann man auch in der bildenden Kunst, den Rosenkranz darzustellen, in Malerei, Plastik und seltener in Glasmalerei. Meist stellte man Rosenblütenkränze oder Rosenkranzketten dar, die die Gottesmutter Maria umrahmten. Der Legende nach soll der Heilige Dominikus das Rosenkranzgebet direkt von Maria erhalten haben. Auch diese Szene findet sich auf Gemälden oder in der Buchmalerei wieder.

Auch in unserer Salvatorkirche gibt es eine Rosenkranzdarstellung: Das hintere Fenster im heutigen Ministrantenchörchen. Es stammt, wie das vordere Fenster mit der Darstellung der Werke der Barmherzigkeit, von dem Bildhauer und Medailleur Ludwig Gies (1887-1966) und wurde 1950 eingesetzt. Schon im Oktober 1941 gab es Überlegungen zu den beiden Fenstern, wie man einer Aktennotiz im Archiv der Firma Puhl & Wagner in der Berlinischen Galerie entnehmen kann. Glasmalerei sollte es sein, der Künstler stand noch nicht fest. Pfarrer Lütkehaus und die Oberin der Heiligenstädter Schulschwestern hatten zunächst an den Maler Wingen (möglicherweise Fritz Wingen, 1889-1944) gedacht. Erst nach dem 2. Weltkrieg ließ sich jedoch die Umsetzung der Idee in Angriff nehmen. Im Mai 1947 entschied man sich für eine Ausführung in Seidenton und Schliff, verzichtete also auf eine farbige Gestaltung. Die Form der vorhandenen dreiteiligen Sprossenfenster mit Rundbogen behielt man bei. Vielleicht spielte bei der Auswahl die neobarocke Innenarchitektur der Kirche eine Rolle: Fenster aus Überfangglas (auf ungefärbtes Glas wird dabei farbiges aufgeschmolzen) lassen viel Licht in den Kirchenraum, sind aber nicht durchsichtig. Als Thema hatte Pfarrer Lütkehaus Darstellungen von Auferstehung, Himmelfahrt, Pfingsten, sowie Himmelfahrt und Krönung Mariens vorgegeben: den glorreichen Rosenkranz. Sie sollten in den Rahmen in kreuzförmiger Anordnung eingesetzt werden.

Ludwig Gies folgte in seinem Entwurf diesen Vorgaben. Das Fenster hat 9 Scheiben, in die mittleren setzte er das Kreuz. Alle Scheiben sind quadratisch und gleich groß, der Längsbalken nur durch die Rundung der oberen Scheibe geringfügig länger als der Querbalken. Er ordnete die Christus-Szenen auf dem senkrechten Teil des Kreuzes, die Marien-Szenen auf dem waagerechten an. Rosenblüten oder eine Rosenkranzkette kommen nicht vor. Das erste Gesätz, die Auferstehung, wird im untersten Teil des Kreuzes gezeigt, die Himmelfahrt Christi im obersten. Die Aussendung des Heiligen Geistes ist auf der mittleren Scheibe dargestellt. Diese Glasscheibe bildet zugleich den Mittelteil des Querbalkens. Rechts davon wird die Aufnahme Mariens in den Himmel, links davon die Krönung der Gottesmutter gezeigt. Die Szenen sind mit einfachen Strichen gezeichnet, die figürliche Darstellung ist stark reduziert.

Besonders auffällig finde ich die Anordnung des 3. Gesätzes – „der uns den Heiligen Geist gesandt hat“ – genau im Zentrum des Kreuzes. Bei mir ruft das die Assoziation hervor, dass wir uns im Kreuz geborgen fühlen dürfen, Maria dabei als Mittlerin haben.

Gies löste sich bei dieser Arbeit ganz von der sonst bei Kirchenfenstern üblichen formgebenden Verbleiung. Seine Bilder wurden allein durch die Kunstfertigkeit des Schleifers aus den Scheiben hervorgeholt.

Schauen Sie sich doch bei Gelegenheit dieses Fenster einmal genauer an: Vielleicht entdecken Sie ähnliche oder auch ganz andere Wirkungen?

 

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“ am 27. Oktober!

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin