Hineingeschaut – Die Kreuze

Wir sind es gewöhnt, dass mit Beginn der Fastenzeit unser großes Altarbild verhüllt wird, sollten doch nach uns vertrauter Tradition alle Bilder, die den Auferstandenen zeigen, ab Aschermittwoch mit einem einfachen Tuch, z. B. in der liturgischen Farbe der Fastenzeit, violett, verhangen und/oder ein Fastentuch (Hungertuch) aufgehängt werden. Ein Fastentuch gibt es in diesem Jahr zum ersten Mal seit langer Zeit nicht in Salvator. Es ist nur ein kleines Format des neuen Misereor-Tuches vorhanden, das für verschiedene Andachtsformen (etwa die Bildbetrachtung am 23. 2. 2023) extra aufgehängt wird. Wenn wir am kommenden Sonntag um 16:00 Uhr den Modernen Kreuzweg mit Material des ÖJKW 2023 hier beten und singen werden – der übrigens seit 35 Jahren in Salvator gebetet wird (zunächst als Jugendkreuzweg abwechselnd in verschiedenen Kirchen des Dekanats, davon 1988 und 1994 und dann ab 1998 jährlich in Salvator) – werden auch die Kreuze verhängt sein.

Das gilt dann nicht nur für das Altarkreuz, sondern auch für die Vortragekreuze und das große Kreuz aus der ehemaligen Kirche „Zu den Heiligen Martyrern von Afrika“ im Seitenschiff, die alle einen Korpus des Gekreuzigten tragen.

Seit etwa dem 7. Jahrhundert gibt es Kruzifixe, allerdings setzten sich Christusfiguren am Kreuz erst im späten 11. Jahrhundert allgemein durch. Als in Folge der Beschlüsse des Konzils von Trient Papst Pius V. 1570 das Missale Romanum herausgab, das die Liturgie der Kirche regelte, wurde die Aufstellung eines Kruzifixes auf dem Altar Pflicht. Es gibt genaue Vorschriften, wie es dort aufzustellen sei, in Salvator fand es seinen Platz im Tabernakelaufsatz.

Wann der Brauch aufkam, Kruzifixe ab dem 5. Fastensonntag, auch als „Passionssonntag“ bezeichnet, zu verhüllen, lässt sich heute nicht mehr genau feststellen. Er wird aber etwa auf das 9. Jahrhundert datiert. Zunächst bezog er sich vor allem auf Triumphkreuze, die den siegreichen Christus der Auferstehung zeigten. 1570 wurde er verpflichtend, wohl, um den Gläubigen für die Zeit der Passionswochen den Anblick des Heilands zu entziehen. Das Zweite Vatikanische Konzil stellte in seiner Liturgiereform frei, den Brauch weiter zu pflegen. Die deutschen Bischöfe entschieden, ihn beizubehalten. Erst in der Karfreitagsliturgie werden zur Kreuzverehrung die Tücher wieder entfernt, die der Bilder erst in der Osternacht.

Wie man oft etwas Vertrautes erst vermisst, wenn es nicht mehr da ist, so kann auch die Kreuzverhüllung in der Tat dazu führen, aufmerksamer für die Kreuze in unserer Kirche zu werden. Was für Kreuze gibt es eigentlich, wann wurden sie erworben, zu welchen Gelegenheiten wurden oder werden sie benutzt?

Das schon erwähnte Altarkreuz aus polychrom gefasstem Holz mit Sockel gehört zum Grundbestand von Salvator. Es war bereits bei der Benediktion 1933 vorhanden. Da keine genaueren Unterlagen erhalten geblieben zu sein scheinen, gibt es weder Informationen über die Herkunft, noch über den Erwerb oder den Künstler. In den Stilformen des Rokoko passend zum Altar wird es in den 20er oder 30er Jahren geschnitzt sein. Ich vermute, es wurde mit dem Altar zusammen von Thomas Buscher gefertigt.

Auch zu unseren Vortragekreuzen lassen sich kaum nähere Angaben finden. Vom älteren Prozessionskreuz, das ebenfalls zum ursprünglichen Inventar gehörte und mindestens 1936 bereits vorhanden war, gibt das Inventarbuch nur an, dass es einen Anschaffungswert von 85, 50 RM hatte. Seine Balken sind aus Holz, Korpus und Schaft aus Metall. Es ist auf allen alten Fotos von Fronleichnamsprozessionen zu finden und wird heute gelegentlich noch gebraucht, z. B. bei Auferstehungsmessen.

Häufiger ist heute bei unseren Prozessionen ein Holzkreuz, dessen Korpus auf das Ende des 18. Jahrhunderts geschätzt wird. Auch hierzu fehlen Einzelheiten. Das Inventarbuch verzeichnet für den 6. 9. 1954 den Erwerb eines Missionskreuzes und im Januar 1956 den eines Korpus für das Vortragekreuz, der restauriert werden musste. Möglicherweise wurde dieser Korpus auf das Missionskreuz montiert. Dieses war im Zusammenhang mit einer Volksmission im August/September 1954 angeschafft worden. Ab etwa 1957 wurde dieses Vortragekreuz, Fotos zufolge, gebraucht.

Das Vortragekreuz aus Silber und Kristall, das normalerweise am Palmsonntag verhüllt und mit Zweigen geschmückt beim Altar aufgestellt wird, wurde 1963 von Johannes Schlüter, einem Berliner Goldschmied, hergestellt und diente einige Jahre als Altarkreuz, nachdem man den Tabernakelaufsatz entfernt hatte.

Ein weiteres Vortragekreuz mit einer Christusfigur und einem Nimbus stammt von Hans Wachter und wurde ursprünglich für die Gemeinde Zu den Hl. Martyrern hergestellt.

Schließlich sei noch auf die Kreuze in der Seitenkapelle (Ministrantenchörchen) und im Beichtraum im Sakristeigang, sowie das Altarkreuz wahrscheinlich des ehemaligen Marienaltars (heute in der Sakristei) und das oben erwähnte große Kreuz (ca. 4m) im Seitenschiff von Hans Wachter hingewiesen.

Da im Hineingeschaut nicht alle Kreuze mit einem Bild vorgestellt werden können, klicken Sie bitte hier.

Die Vortragekreuze von Wachter und Schlüter wurden in den Andachten zur Fastenzeit und Karwoche während der Pandemie 2020 verwendet. Schauen Sie doch auch einmal in unser Archiv. Man findet dort neben den Impulsen und der Psalmothek auch alle Aufzeichnungen der letzten drei Jahre.

Lassen Sie sich inspirieren zum Mitbeten, aber auch zum Wieder-Entdecken der Kunst unserer Kirche.

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,

 

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin