Hineingeschaut – Der Beichtstuhl

Die Form, nach der der Beichtstuhl gebaut werden soll, ist folgende, wobei, wenn sie eingehalten ist, nach Belieben Ornamente wie Gesimse an der Vorderseite oder auch ein anderer schicklicher Dekor angebracht werden kann. Das Ganze sei aus Brettern – von Nußbaum oder anderem Holz – gefügt und das Gehäuse an jener Seite, hinten und oben geschlossen. Nur vorne sei es offen und ganz offen. Dennoch sollte, außer in viel besuchten Kirchen, eine Tür aus einem Gatter oder hölzernen Stäben mit ungefähr 4 Unzen Abstand angebracht sein, damit nicht in Abwesenheit des Beichtvaters unter Mißachtung des hier aufgeübten Amtes Laien, Vagabunden und verkommene Menschen hier sitzen und faul schlafen“

schreibt der Hl. Karl Borromäus in seiner Instruktion, zu der er vom Konzil von Trient 1551 beauftragt worden war (dt. Übersetzung aus: Wilhelm Schlombs, Die Entwicklung des Beichtstuhls in der katholischen Kirche. 1965. S. 134/35). Bis dahin gab es zwar schon Beichtstühle – meist in Form eines frei aufgestellten Kirchenstuhls für den Priester, mit oder ohne Kniebank für die Beichtenden versehen – doch führen erst die Bestimmungen des Konzils und des Rituale Romanum von 1614 zu einer größeren Vereinheitlichung und lösen im 17. Jahrhundert einen regelrechten Wetteifer beim Bau von Beichtstühlen aus. Während im Barockzeitalter noch offene Beichtstühle dominieren, bei denen allenfalls der Priestersitz in der Mitte durch eine Halbtür oder Vorhänge abgeschlossen war, setzte sich Ende des 18. und im 19. Jahrhundert zunehmend der Beichtstuhl mit Türen oder wenigstens schweren Vorhängen durch. Entsprechend gab es für den Kirchbau bald genaue Vorschriften, wieviel Platz man etwa für den Beichtstuhl einplanen müsse, wo er vorzugsweise aufgestellt werden sollte und wie viele Beichtstühle in einer Kirche Platz finden sollten.

Hatte man in der Stephanus-Kapelle in der Bahnhofstr. 8 noch die Küche der Wohnung zur Sakristei umfunktioniert und einen provisorischen Beichtstuhl darin aufgestellt, ergab sich nun beim Bau der Salvator-Kirche die Verpflichtung, einen dauerhaften Platz für die Einzelbeichte einzurichten. Msgr. Grabe hatte das nicht für die dringendste Aufgabe gehalten, doch Kuratus Lütkehaus drängte 1935/36 darauf, den Bau anzugehen. Da es, wie er an den Innenarchitekten Fuchsenberger schrieb, viele ältere Gemeindemitglieder gab, die mit Schwerhörigkeit zu kämpfen hatten, sollte der geplante Beichtstuhl auch an den beiden Seiten mit Türen verschlossen werden. Fuchsenberger machte daraufhin verschiedene Vorschläge, warnte jedoch vor zu hohen Kosten, wollte man sofort einen an barocke Vorbilder erinnernden Beichtstuhl anschaffen. Vielmehr sollte man ihn relativ schlicht gestalten und von einem guten Tischler vor Ort anfertigen lassen. Eine Umwandlung in rein barocke Formen brächte nur eine Verteuerung. Verzieren, etwa mit aufgesetzten Ornamenten und Vergoldung, könne man ihn auch später noch. Man könne ihn auch in Weichholz arbeiten lassen und marmorieren mit Tönen, die zum Hochaltar passen. Auf jeden Fall solle er aber mit dem Kirchengestühl korrespondieren.

So geschah es dann auch. Kuratus Lütkehaus holte Kostenvoranschläge von Trebbiner Holz-Industrie Paul Müller und von der Tischlerei Bernhard Wellnitz in Berlin SW61, Hornstr. 10, ein. Der Voranschlag aus Trebbin (der Betrieb wurde zu DDR-Zeiten als VEB Vereinigte Holzindustrie Potsdam-Süd Werk Trebbin verstaatlicht) fiel mit 1800 Mk zu hoch aus. Dagegen erhielt Bernhard Wellnitz (noch heute befindet sich übrigens am Standort eine Tischlerei) den Zuschlag. Er erfüllte auch das von Fuchsenberger erstellte Leistungsverzeichnis. Der Beichtstuhl wurde innen gebeizt, jedoch ohne Verglasung und äußeren Anstrich im Mai 1936 für 583,40 Mk aufgestellt. Nach Anstrich und Verglasung, über die sich bislang keine Unterlagen finden ließen, wurde er im Inventarbuch mit einem Anschaffungswert von 698,30 Mk verzeichnet. Nach dem Krieg – wahrscheinlich bei der Erweiterung der Kirche – erhielt Salvator einen zweiten Beichtstuhl, der 1991, als die Taufkapelle (Schutzmantelmadonna) zum Beichtzimmer umgewidmet wurde, abgebaut wurde. Das Beichtzimmer wiederum wurde 2007 in den Sakristeigang verlegt. Der Beichtstuhl erhielt mit der Sanierung unserer Kirche im vergangenen Jahr einen neuen Anstrich – zwar nicht, wie 1936 geplant, marmoriert, aber durchaus mit der neobarocken Ausstattung der Kirche harmonierend.

 

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin